Der circadiane Rhythmus ist ein 24 Stunden Zyklus, der festlegt, wann wir schlafen, wann wir wach sind und wann unser Körper wichtige Zellreparaturprozesse durchführt. Diese innere Uhr wird nach externen Hinweisen wie Licht und Temperatur gestellt. Obwohl der Mechanismus, der hinter der Wirkung des Lichts auf den circadianen Rhythmus steht, seit langem bekannt ist, blieben seine Reaktionen auf Temperaturveränderungen ein Rätsel. Jetzt haben Wissenschaftler jedoch einen neuen Einblick erlangt, wie die Temperatur die circadiane Uhr beeinflusst.
Fruchtfliegen und die Temperatur
Jedes Lebewesen hat einen circadianen Rhythmus. Vor allem Fruchtfliegen werden häufig zu Versuchszwecken herangezogen, da sie schnell heranreifen, was Wissenschaftlern ermöglicht, Auswirkungen genetischer Veränderungen rasch zu erkennen. Zudem unterscheiden sich die Zellen von Fruchtfliegen nicht sehr von denen menschlichen, weshalb wir durch die Untersuchung dieser kleinen Insekten wichtige Entdeckungen in Bezug auf die Zellbiologie erlangen können. In einer aktuellen Studie sahen sich Forscher an, wie das Gehirn einer Fruchtfliege Temperaturveränderungen wahrnimmt, um herauszufinden, wie die Temperatur den circadianen Rhythmus genau beeinflusst.
Da Fruchtfliegen keine Haut haben, um die Temperatur zu spüren, besitzen sie in ihren Fühlern Temperatursensoren. Fruchtfliegen nutzen den Temperatureingang, um ihren circadianen Rhythmus mit ihrer Umwelt in Einklang zu bringen. Es wurde jedoch festgestellt, dass Fruchtfliegen, die das Gen IR25A nicht besitzen, unfähig sind, ihren circadianen Rhythmus Veränderungen der Temperatur anzupassen. Dies legt nahe, dass Proteine, die vom IR25A hergestellt werden und passenderweise die Namen „Periode“ und „Zeitlos“ erhalten haben, diejenigen sind, die für das Wahrnehmen der Temperatur und/oder das Reagieren auf die Temperatur als Zeithinweis verantwortlich sind.
Neue Einblicke, wie die Temperatur die circadiane Uhr beeinflusst
Diese Untersuchung ist wichtig, weil sie eine genetische Basis dafür bietet, was Wissenschaftler schon lange wissen: dass Temperaturveränderungen eine Wirkung auf den circadianen Rhythmus haben. Jedoch beeinflusst die Temperatur Ihre innere Uhr nicht auf die gleiche Weise wie Licht und andere externe Hinweise. Wenn es darum geht, wie Lichtsignale auf den circadianen Rhythmus wirken, gibt es eine Hauptleitbahn; von der Netzhaut über den superachiasmatischen Nukleus des Hypothalamus zur Zirbeldrüse, wo Melatonin hergestellt wird. Dafür, wie die Temperatur den circadianen Rhythmus beeinflusst, scheint es hingegen mehrere Leitbahnen zu geben.
Zudem gibt es dahingehend einen Unterschied, wie die Temperatur als Zeithinweis agiert. Auch wenn sie die inneren Uhren nicht „zurücksetzen“ können wie Licht und Melatonin, lassen Temperaturveränderungen sie etwas nach vorne oder zurückstellen. Das könnte ein Grund dafür sein, warum Menschen müde werden, wenn ihnen kalt ist oder warum sie in Monaten mit warmem Wetter generell mehr Energie haben.
Wie trifft das auf Menschen zu?
Obwohl diese Studie an Fruchtfliegen vorgenommen wurde, gibt es viele Schlussfolgerungen, die auch auf die menschliche Gesundheit zutreffen. Fruchtfliegen haben ähnliche Zellprozesse wie Menschen, weshalb sie so häufig untersucht werden, um Gene zu finden, die hinter bestimmten Körperprozessen stehen. Es gibt zahlreiche Studien, die nahe legen, dass der menschliche circadiane Rhythmus ebenfalls eine deutliche Reaktion auf Temperaturveränderungen aufweist. Auch wenn weitere Untersuchungen nötig sind, ist es wahrscheinlich, dass wir ein Gen besitzen, das dem IR25A ähnlich ist und vergleichbare Proteine mit ähnlichen Funktionen herstellt.
In Zukunft könnte es so sein, dass die Temperatur genutzt wird, um circadiane Schlafstörungen zu behandeln, wie aktuell Lichttherapie und Melatonin. Die Temperatur scheint einen großen Einfluss auf den circadianen Rhythmus zu haben und könnte ein zentrales Thema für Menschen mit Schlafproblemen und anderen circadianen Rhythmusstörungen sein.